NEWS

Queerer Stadtrundgang im 1. Bezirk

Mit Prof. Prettenthaler und dem Wahlpflichtfach Geschichte der 6AB

Geschrieben von Cassius Mores

Der Rundgang begann vor der Staatsoper. Dort wurde uns dann die unglaubliche Geschichte von Max Lorenz mitgeteilt, wie er trotz Homosexualität die Zeit unter dem Nazi Regime überlebte. Seine Stellung als Sänger war den Nazis so wichtig, dass Max Lorenz von Adolf Hitler persönlich Hilfe bekam (wegen seiner Rolle in den Festspielen) und später auch mit seiner jüdischen Freundin und seiner Schwiegermutter unter Hermann Görings Schutz stand. Für mich klang sein Leben so, als ob es aus einem Abenteuer-Roman kommt, nur dass es in diesem Fall Realität war.

Danach ging es weiter durch die Innenstadt, wo wir auch etwas von der Geschichte Wiens erfuhren, wie zum Beispiel über den Abriss der Stadtmauer und den Bau des Rings.

Wir kamen an einem Haus in der Walfischgasse an, wo auf einer Tafel der Name eines Schriftstellers eingraviert war. Hierbei handelte es sich um W.H. Auden, welcher in diesem Haus starb. Seine Geschichte war etwas weniger spannend (das “weniger spannend” ist nicht negativ oder abwertend gemeint, ich meine damit nur, dass es im Kontrast zu Max Lorenz mehr melancholisch war). Wir bekamen außerdem einen Ausschnitt des Gedichts “Stop all the Clocks” zu hören, welcher mich zu Tränen rührte. Hinzu kam, dass wir darüber sprachen, wie Audens Sexualität von der Gesellschaft wahrgenommen wurde.

Die nächste Station war das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus vor der Albertina. Doch was mich persönlich überraschte war, dass dieser Ort auch ein Grab beinhaltet. Es war ein Kreuz, welches im Hintergrund an einen Zaun gelehnt war. Der Tourguide erzählte uns die schreckliche Geschichte hinter diesem Kreuz. Denn an der Stelle des Mahnmals stand früher ein Wohnhaus. Dieses ist bei einer Bombardierung Wiens im 2. Weltkrieg, getroffen worden. Unter dem Haus befand sich ein Luftschutzbunker. Die Leute, welche in diesem Keller Schutz suchten, wurden unter den Trümmern begraben. 280 Menschen verloren dadurch ihr Leben. Man erkennt den früheren Grundriss des Hauses an der Form der Pflastersteine. Ich war ziemlich geschockt, da ich von diesem Grab erst jetzt erfuhr und bisher nur von dem Mahnmal wusste.

Das Mahnmal selbst war ebenfalls prägend. Wir gingen von Statue zur Statue und verstanden immer mehr von den Darstellungen, welche sich uns offenbarten. Es ist erstaunlich, wieviel Inhalt und Interpretationsmöglichkeiten dieses Kunstobjekt bietet.

Anschließend steuerten wir ein anderes Haus an, in welchem sich eine aufregende Geschichte abspielte. Im zweiten Weltkrieg wohnte in diesem Haus in der Annagasse die Schauspielerin Dorothea Neff, welche unfassbaren Mut bewies und dem Verbrecherregime trotzte, indem sie über mehrere Jahre ihre jüdische Partnerin Lilli Wolff vor den Nazis versteckte. Die beiden mussten sehr viel in diesen Jahren durchmachen und hatten es nie leicht, vorallem die letzten Kriegsjahre waren besonders gefährlich, da das Essen rationiert wurde. Dorothea Neff durfte aber nicht offenbaren, dass sie mit einer zweiten Person lebt, weswegen sie auch nur eine Essenration bekam (die sowieso nicht wirklich ausreichte). Lilli musste sich bei Besuch im Ofen verstecken, durfte kein Licht anmachen und konnte sich auch nicht frei bewegen, da die knarzenden Dielen Verdacht erregt hätten. Trotz all dieser Dinge schafften es die Zwei und kamen verletzt, hungernd aber erleichtert zu Kriegsende aus ihrer Wohnung heraus.

Die letzte Station war der graue Regenbogen im Wiener Resselpark. Die Skulptur soll an die homosexuellen Opfer des NS-Regimes erinnern. Der Bogen zitiert den Regenbogen, das Symbol der LGBTQ+ Community, aber eben in Grau. Er steht für Trauer, für Gedenken und die Mühen, welche sie durchmachen mussten (und müssen).

Es war ein wirklich sehr toller Rundgang, welcher mich oft hat nachdenken lassen. Zusammengefasst kann man sagen: “Er war es definitiv wert.”

Zurück